Title (deu)
Von Tasten, Farben, Bugs und Sounds
über Kooperationen von menschlichen und nichtmenschlichen Aktant:innen im Herstellen populärer Musik
Author
Ludger Roman Duffner
Advisor
Description (deu)
Dissertation / Doctoral thesis Dissertationsgebiet: Musikwissenschaft
Abstract (deu)
Obwohl die Bedeutung von Objekten zunehmend ernst genommen und ihr Beitrag verstärkt in der musik-, sozial- und kulturwissenschaftlichen Forschung untersucht wird, fällt es nach wie vor schwer, ihr (Mit)Wirken an schöpferischen Prozessen zu fassen. Während individuelle und kollektive Prozesse sowie kognitive und soziale Dimensionen des herstellenden Tuns – auch beim Improvisieren und Komponieren von Musik – intensiv untersucht werden, werden die beteiligten nicht-menschlichen Einheiten in der Regel lediglich als relevante rahmende Infrastruktur oder als verwendete Werkzeuge berücksichtigt. Als ‚mitgestaltende‘ Entitäten finden sie hingegen wenig Beachtung. Hier schließt die vorliegende Untersuchung an, in der ich den Fragen nachgehe, wie menschliche und nichtmenschliche Aktant:innen beim Herstellen populärer Musik kooperieren bzw. wie ihre Interaktionen das Herstellen von populärer Musik mitformen. Um dies zu erfassen, nehme ich eine sozio-materielle Perspektive ein, die insbesondere auf der Akteur-Netzwerk-Theorie basiert. Die Erhebung der Musikproduktionsprozesse von 16 Musiker:innen mittels fokussierten Ethnographien oder Interviews bildet die Basis der Analyse. Im Rahmen der an die Grounded Theory angelehnten Auswertung lassen sich acht Themenfelder identifizieren, die das Mit- bzw. Zusammenwirken der unterschiedlichen Entitäten sichtbar machen: Der Arbeitsraum gewährleistet ein Setting für die Ausführung repetitiver und (un)gekonnter Tätigkeiten. Interaktionen an der Eingabe-Schnittstelle eröffnen den Blick auf körperliche und physische Begrenzungen, die für die Klanggestaltung gezielt genutzt und dank der Kooperation mit nichtmenschlichen Entitäten gar überschritten werden können. Der Fokus auf Praktiken des Erstellens, des Suchens und des Schneidens offenbart, dass die vollzogenen Handlungen nicht nur von der erfolgreichen Interaktion mit nichtmenschlichen Aktanten getragen werden, sondern sie regelrecht auf einer Beziehungsarbeit zu den Dingen basieren. Sichtbar wird in der detaillierten Betrachtung auch die bislang kaum thematisierte Notwendigkeit für administrative Tätigkeiten, die das Schaffen erleichtern und sichern. Zufälle und Fehler, die sich im Umgang mit nichtmenschlichen Entitäten immer auch ergeben, erzeugen Irritationen, die verarbeitet und manchmal produktiv genutzt werden. Das Vorgefertigt-Sein der Dinge erlaubt schließlich, zeitlich vorgelagerte, wie auch externe Herstellungsprozesse in die Situation hereinzuholen. Da sich dieses Potenzial am Ideal künstlerischer Autor:innenschaft reibt, ist der Umgang von Musiker:innen mit Vorgefertigtem an eine Positionierung gegenüber den im Feld bestehenden Erwartungen verknüpft. Die acht Themenfelder machen deutlich, wie nichtmenschliche Entitäten in Gestaltungsprozesse von Musik hineinwirken und somit die spezifische Gestalt des Endproduktes mitgestalten. Das auf den ersten Blick Kleine, Unaufgeregte, Mechanische und Eintönige vermag so eine Ebene im Schaffensprozess aufzuzeigen, die den Dingen jenen Platz zugesteht, den sie schon immer eingenommen haben.
Keywords (deu)
MusiksoziologieMusikproduktionAkteur-Netzwerk-TheorieVerteilte KreativitätHandwerkPopularmusikElektronische Musik
Type (eng)
Language
[deu]
Publication
Linz , 2024
Access rights (eng)